30 Stunden in Uruguay

Über Weltkulturerben, Klischees, Hundesitter, Nationalhelden und wirklich freundliche Menschen.

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Die Fähre nach Colonia del Sacramento

DSCN4354Bereits zu Beginn meiner Reise durch Argentinien hatte ich beschlossen, bei der Gelegenheit auch gleich einen Abstecher ins benachbarte Uruguay zu machen. Ich las bereits während meiner Recherche Zuhause von einer Fähre, welche einen von Buenos Aires nach Colonia del Sacramento bringen sollte. Also schleppte ich meinen argentinischen Freund mit ins Reisebüro und bat ihn, mit Tickets für die Überfahrt zu buchen (mit Dolmetscher gelingt das einfach besser). Die Reise startete an einem Donnerstag. Zunächst musste ich zum Check In. Es gibt eine extra Kontrolle für Uruguayer, Argentinier, Brasilianer und Paraguayer. Denn diese vier Länder haben ein spezielles Abkommen, ähnlich des Schengen Raums in der EU. Daher musste ich eine der anderen Passkontrollen über mich ergehen lassen: mit Fingerabdrücken, Kameras, aber auch einem neuen Stempel für meinen Pass. Die Fähre braucht nur eine Stunde, um den Río de la Plata von Buenos Aires nach Colonia del Sacramento zu überqueren.

Eine Stadt voller Weltkulturerbe

DSCN4443Colonia del Sacramento ist im Südwesten Uruguays direkt am Río de la Plata. Es ist eine der ältesten Städte in Uruguay und war in der Vergangenheit eine portugiesische Kolonie. Um genau zu sein wurde es sogar von den Portugiesen gegründet. Allerdings wurde es zwischendurch auch von Spanien, Brasilien und der Liga Federal regiert. Seit 1828 gehört es aber offiziell zu Uruguay. Insgesamt leben etwa 27.000 Menschen in Colonia del Sacramento. Es hat eine hübsche Altstadt mit einem historischen Viertel, welches zum UNESCO Weltkulturerbe gehört.DSCN4457 Touristenattraktionen sind der Leuchtturm und die Ruinen des Klosters (Faro y Convento de San Francisco). Während meiner Reise traf ich ziemlich viele Schulklassen. Ich bin mir nicht ganz sicher, was sie feierten, aber sie hatten auf jeden Fall eine kleine Feier auf dem Festplatz, dem Plaza Major del 25 de Mayo. Das war vielleicht auch der Grund, weshalb ich einige Männer entdeckte, welche traditionelle Uniformen  trugen. Eine weitere Attraktion der Altstadt ist das “Portón de Campo”, das ist das Stadttor und die hölzerne Zugbrücke.

Am Río de la Plata
In Colonia del Sacramento
 
 
 
Viele Straßen sind von Bäumen gesäumt. -  Da die Aufnahmen von Ende Winter/ Anfang Frühling sind, sie die Bäume noch kahl.
 
 
Das Stadttor von Colonia del Sacramento.
 
 
 
 
 
 
 
Am Stadtrand von Montevideo

Am Nachmittag nahm ich schließlich den Bus nach Montevideo. Die Busse sind wirklich sehr komfortabel und so gut wie neu. Nach etwas mehr als drei Stunden erreichte ich Uruguay. Bevor wir allerdings die Stadtgrenze passierten, sind wir durch einige Vororte von Montevideo gefahren. Die Häuser dort sind ziemlich klein, dreckig und mit Wänden, welche aussehen, als seien sie aus Wellblech geformt. Der Reiseführer empfiehlt dringend solche Orte zu meiden, da die Kriminalitätsrate dort sehr hoch sei. Ich habe mich echt etwas unwohl gefühlt, als ich die vielen armen Menschen sah. Da merkt man schon deutlich die Unterschiede zwischen diesen Vororten und der hübschen Altstadt von Colonia del Sacramento – oder natürlich auch zu meinem Heimatland Deutschland.

Alle Deutschen haben blondes Haar

Ich kam gegen späten Nachmittag/ frühen Abend in Montevideo am Zentralen Omnibusbahnhof an. Ich beschloss zu meinem Hostel zu laufen und dabei gleich etwas die Gegend und Montevideo zu erkunden. Die Uruguayer sind wirklich freundlich und haben mich auch direkt angesprochen, ob ich Hilfe bräuchte, da ich zwischendurch immer mal wieder stoppte, um einen Blick auf meine Karte zu werfen. Am Ende habe ich es aber doch alleine gefunden. Ich hatte ein Bett in einem Mehrbettzimmer gebucht. Das Hostel hieß Tibet Hostel und das war auch der Grund dafür, dass das ganze Hostel mit bunten Tüchern, Schirmen und hübschen Lampen geschmückt war. Ich mochte die Atmosphäre total gerne. Die Besitzer des Hostels erklärten mir später, dass sie ihr Hostel eben nach einer Reise nach Tibet so benannt hatten. Es klang wirklich unglaublich toll, ich würde auf jeden Fall auch mal gerne nach Tibet – leider sind die Einreisebestimmungen ja sehr streng. Wir haben dann ein bisschen Musik gehört – Ich sollte ein deutsches Musikvideo zeigen und einer der Besitzer war wirklich verwirrt, dass da auch braun- und schwarzhaarige Frauen im Video zu sehen waren. Er dachte wirklich, dass alle Deutschen blonde Haare haben. Hier brauche ich vermutlich nicht extra erwähnen, dass das nur ein Gerücht ist. Ich meine ehrlich gesagt sogar, dass ich mal gelesen hätte, dass die meisten Deutschen braune Haare haben.
Ich verbrachte die restliche Nacht in der Bar des Tibet Hostels. Ich trank einen Mohito und einen Erdbeer-Caipirinha – so lecker! Ich aß auch ein paar wirklich leckere Pommes und Chivitos (Wenn ihr mehr lesen wollt … klickt hier um den Artikel Food Porn – Pt. 1 zu lesen).

Die Buchstaben von Montevideo.
Nach meiner Ankunft in Montevideo.
 
Der Stadtteil "Tres cruces" (Drei Kreuze)
 
 
Der Blick von der kleinen Dachterrasse meines Hostels.
Spaziergang am Strand
 
 
 
 
 
 
 
Tausende von Gänsen in einem Park nähe des Zentrums von Montevideo.
 
 
 
Der Plaza Independencia in Montevideo
Die riesige Statue des uruguayischen Nationalheldens José Gervasio Artigas
Ich vor dem Palacio Salvo
Die Ciudad Vieja (Altstadt)
 
 
 
 
Ein Hundesitter mit 19 (!) Hunden

DSCN4584Am nächsten Morgen startete ich schon früh, da ich mir die Hauptstadt Uruguays endlich mal etwas näher ansehen wollte. Zunächst nahm ich den Weg runter zum Strand – Punta del Canario. Am Strand sind diese großen Buchstaben von Montevideo. Ein Taxifahrer erzählte mir später, dass die Buchstaben immer mal ausgetauscht werden würden. An diesem Tag waren sie besonders bunt. Ich lief entlang der Küste in Richtung Stadtzentrum. Es war sehr windig und etwas kalt. DSCN4585Am Strand stieß ich auf einen Mann, welcher mit Hunden spazieren lief, quasi ein Hundesitter. Aber das waren halt nicht zwei, oder auch mal drei Hunde … Nein, er hatte tatsächlich 19 Hunde an seinen Leinen. Ich habe schon vor meiner Reise nach Südamerika gelesen, dass es viele dieser Hundesitter gibt. Es scheint ein recht häufig gewählter Nebenjob in Südamerika zu sein. Ich habe auch schon einige dieser Hundesitter in Argentinien gesehen. Aber dieser Kerl mit einen 19 Hunden war auf jeden Fall ein echter Rekord für mich. Wirklich unglaublich – Zum Glück habe ich Fotos gemacht, ich glaube nämlich, wenn ich das Zuhause in Deutschland erzählt hätte, hätte jeder gedacht ich übertreibe.

Der Nationalheld Uruguays
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Ich sehe ziemlich klein vor der riesigen Statue von José Gervasio Artigas aus.

Ich bin einige Stunden gelaufen, bis ich endlich das Zentrum Montevideos erreicht hatte. Die Stadt ist die größte Uruguays. Es leben über 1,3 Millionen Menschen in Montevideo. Laut den Rankings der Mercer 2015 Quality of Living (also einer Erhebung zu qualitativem Leben in Städten) belegt Montevideo den höchsten Platz in Südamerika mit Rang 78. Die nächst höheren Plätze in Südamerika sind Buenos Aires (91) und Santiago (93). Montevideo hat über 60 Stadtbezirke. Ein Touristenmagnet ist der Plaza Independencia mit dem Palacio Salvo. In der Mitte des Platzes befindet sich eine riesige Statue von José Gervasio Artigas. Er ist der Nationalheld Uruguays und wird von manchen sogar “Vater der Unabhängigkeit Uruguays” genannt, da er damals während der Uruguayischen Revolution gegen Spanien kämpfte. Sein Leichnam ist im Artigas Mausoleum unter der Erde, um genau zu sein direkt unter seiner Statue und wird täglich von zwei Soldaten bewacht. Die Statue ist 17 Meter hoch und wiegt über 30 Tonnen. Uruguay ist seit 1828 ein unabhängiger Staat mit Montevideo als seine Hauptstadt.

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Das Tor der Altstadt

Ebenfalls auf dem Placa Independencia befindet sich auch der Palacio Salvo. Er wurde von einem italienischen Immigranten gebaut, welcher in Buenos Aires lebte, sein Name ist Mario Palanti. Der Palacio erinnert an den Palacio Barolo in Buenos Aires, welcher ebenfalls vom gleichen Architekten gebaut wurde. Eigentlich war geplant, dass das Gebäude ebenfalls einen Leuchtturm auf dem Dach haben sollte. Dieser wurde jedoch durch einen Satz Antennen ersetzt. Der Palacio Salvo wurde 1828 fertig gebaut und hat eine Höhe von 95 Metern. Leider hatte ich nicht genug Zeit, um den Palacio auch von innen anzuschauen. Hinter dem Plaza Independencia beginnt die Ciudad Vieja, die Altstadt. Sie ist voller hübscher Gebäude aus der Kolonialzeit und voller nationalem Kulturerbe.

Gastfreundliche Uruguayer retten mein Leben

Okay, vielleicht klingt die Überschrift doch etwas zu dramatisch. Aber während meiner Erkundungstour merkte ich irgendwann, dass ich gar DSCN4708nicht mehr so viel Zeit bis zur Abfahrt meiner Fähre zurück nach Buenos Aires hatte. Deswegen nahm ich ein Taxi zurück zum Hostel und packte schnell meinen letzten Kram zusammen. Es war schon ziemlich spät und ich hatte fast kein uruguayisches Geld mehr. Es war jedenfalls nicht genug um ein zweites Taxi zurück zum Hafen zu nehmen und ich war mir nicht sicher, mit welchem Bus ich wieder zurück in die Innenstadt kommen würde. Schließlich fragte ich den Elektriker, der im Hostel arbeitete, ob er mir helfen könne. Wir hatten uns schon die letzten Tage etwas miteinander unterhalten. Deswegen fragte ich ihn, ob er mir wohl helfen könne, den richtigen Bus zu finden. Leider hatten wir ein paar Kommunikationsprobleme, weil er nur sehr wenig Englisch sprach und mein Spanisch wirklich sehr, sehr schlecht ist. Am Ende schaute er schließlich kurz auf mein Fährenticket. Dann sprach er schnell mit dem Mädel des Hostels und sagte schließlich, ich solle ihm folgen. Ich dachte erst, er würde mir die Bushaltestelle zeigen, weil es vermutlich schwierig gewesen wäre, den Weg dorthin zu erklären. Aber dabei habe ich kurz vergessen, wie unglaublich hilfsbereit und gastfreundlich die Südamerikaner doch einfach sind. Er fuhr mich tatsächlich zum Hafen und brachte mich bis zum Check In. Er erlaubte mir nicht einmal ihm etwas Geld für das Parkticket zu geben, welches er ziehen musste, um mich bis vor die Tür zu bringen. Er ist wirklich unglaublich lieb und freundlich (An dieser Stelle: ¡Muchas gracias!).

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Der Sonnenuntergang am Hafen von Montevideo.

Ich erreichte immerhin 50 Minuten, bevor die Fähre ablegen sollte, den Hafen. Ich glaube ich hatte etwas Glück. Mein Freund aus Buenos Aires hatte mir gesagt, ich solle eine Stunde vorher am Hafen sein, um einzuchecken. Als ich nochmal auf das Ticket schaute, merkte ich, dass dort stand man solle zwei Stunden früher da sein (ich habe ja schon gesagt, meine Spanischkenntnisse sind ziemlich eingerostet, aber den Satz hatte sogar ich verstanden). Am Ende habe ich wohl Glück, dass die Südamerikaner es einfach nicht so genau mit der Zeit nehmen und alles deutlich relaxter angehen.