Besuch von Gaudís bekanntester Architektur – lohnt es sich?

Park Güell

Antoni Gaudí (1852-1926) ist einer der prägendsten Architekten Barcelonas und bekannt als der größte Vertreter der katalanischen Moderne. Er entwarf mehr als zehn verschiedene Gebäude in und um Kataloniens Hauptstadt. Sieben von ihnen sind Teil des UNESCO-Weltkulturerbes. Ich habe vier von ihnen besucht. Hat es sich gelohnt?

The staircase of Casa Battló
Das Treppenhaus von Casa Battló

Ich war das erste Mal 2014 in Barcelona. Es war Liebe auf den ersten Blick. Kaum eine andere Stadt bietet so viel unglaubliche Architektur, Kunst, Kultur und wunderschöne Bauwerke. Ein großer Anteil daran gebührt Gaudí. Aber auch damals waren die Eintrittspreise bereits sehr hoch und für uns als Studentinnen einfach zu teuer. Wir besuchten nur einen Teil von Park Güell, welcher damals noch kostenlos war (nur der kleinere Teil mit den bunten Bänken und Häusern kostete Eintritt). Aber schon damals wollte ich unbedingt noch mal zurückkommen, um mir Gaudís Arbeiten genauer anzusehen – und dieses Jahr war es soweit.

Park Güell, Palau Güell, Casa Milà, Casa Vicens, Sagrada Família, Casa Batlló und Cripta Güell sind die sieben Werke von Antoni Gaudí, welche Teil des UNESCO-Weltkulturerbes sind. Ich war ihn vieren davon. Generell habe ich alle meine Gaudí-Besuche sehr genossen und es nicht bereut, wirklich viel Geld dafür ausgegeben zu haben. Aber im Rückblick haben sich vor allem zwei Besuche mehr gelohnt, die anderen könnte man notfalls auch weglassen.

Ich besuchte vier der bekanntesten Arbeiten von Antoni Gaudí: Casa Batlló, Sagrada Família, Casa Vicens und Park Güell.

Casa Batlló (1904-1906)

Eintrittspreis: ab 35 Euro

The facade of Casa Battló

Casa Battló befindet sich im Stadtzentrum von Barcelona und ist eines von Gaudís bekannteren Werken. Das Haus selbst wurde bereits 1877 von Emilio Sala Cortés erbaut, jedoch beauftragte Josep Batlló später Antoni Gaudí mit dem Wiederaufbau. Gaudí gestaltete das Haus um, indem er die Fassade wie auch das Innere vollständig veränderte. Casa Batlló ist in guter Gesellschaft. Im gleichen Zeitraum wurden auch umliegende Gebäude von anderen prominenten Architekten renoviert. Dieser spezifische Zeitraum wird Bone of Contention genannt.
Seit den 1950er-Jahren ist Casa Batlló nicht mehr im Besitz der Familie Battló. Es wurde 1995 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Laut der offiziellen Seite hat Casa Battló rund 1 Million Besucher jährlich.

Mein erster Eindruck
A chandelier in Casa Battló
Die Decke im Muster einer Giraffe im Casa Battló

Wie bei jeder Arbeit Gaudís war ich auch hier besonders von seiner Bautechnik beeindruckt. Bereits die Fassade des Gebäudes ist grandios, auch wenn ich in den Balkonen immer Totenköpfe sehe (keine Ahnung, ob das wirklich welche sein sollen). Gaudí weiß wirklich, wie man Gebäude gestaltet und natürliche Elemente, Licht und Luft für seine Arbeit nutzt. Das Design seiner Räume ist unglaublich durchdacht, ich war wirklich erstaunt über die Raffinesse hinter der Gestaltung und dem Aufbau des Hauses. Für den Fall, dass du dich für einen Besuch von Casa Battló entscheidest, solltest du dir unbedingt die Zeit nehmen, dir den Audioguide komplett anzuhören. Er wird dir eine Menge über Gaudís Gedanken und Pläne hinter der Gestaltung der verschiedenen Räume verraten. Das Haus wirkt auch heute noch modern und zeigt Gaudís Genie, der seine Arbeit wirklich verstanden hat. Mein Lieblingszimmer war wahrscheinlich eines der ersten, welches ein Giraffenmuster als Deckendeko nutzt. Aber natürlich hat auch das ganze Treppenhaus samt seiner gewellten Glasfront und die Dachterrasse zu meinen Highlights gezählt. Ich war ungefähr zwei Stunden in Casa Batlló. 

On the rooftop of Casa Battló
Auf der Dachterrasse des Casa Battló
Lohnt es sich?

Dies ist wahrscheinlich der Besuch, bei dem ich am kritischsten sein muss. Ich habe Casa Battló kurz vor Ostern besucht, weshalb es auch sehr voll war. Für meinen Geschmack waren es einfach zu viele Menschen auf einmal. Ich merkte schnell, dass ich zunehmend erschöpft und genervt wegen des vielen Geschubses und den Lärm um mich herum wurde, weshalb ich den Besuch gar nicht richtig genießen konnte. Ich war ehrlich gesagt ziemlich enttäuscht von der Organisation und dass die Mitarbeiter nicht darauf achteten, dass nicht zu viele Personen gleichzeitig Zutritt haben. Ich hatte das Gefühl, dass das Hauptziel nicht darin bestand, Gaudís unglaubliche Architektur und Kunst zu zeigen, sondern einfach so viele Menschen so schnell wie möglich durchzuschleusen, um so viel Geld wie möglich zu verdienen. Und das in Kombination mit außergewöhnlich hohen Eintrittspreisen. Casa Battló war in jedem Fall interessant und ist natürlich schön anzusehen, aber ist ehrlicherweise viel zu teuer.

Solltest du trotzdem gehen wollen, solltest du deinen Besuch für morgens einplanen, um die Anzahl der Menschen etwas zu reduzieren. Beachte jedoch, dass du dafür weitere 10 Euro bezahlen musst. Das Ticket wird auch teurer, wenn du es erst an der Kasse vor Ort kaufst, weshalb du es unbedingt vorher kaufen solltest.

Inside of Gaudís Dome in Casa Battló
Im Gaudí Dome

Es gibt drei verschiedene Ticketarten: das blaue, das silberne und das goldene Ticket. Ich hatte mich für das goldene Ticket entschieden, weil ich nichts verpassen wollte. Aber ehrlich gesagt habe ich den Besuch letztendlich nur absolut überbezahlt. Meiner Meinung nach ist der Gaudí Dome, der nur im silbernen und goldenen Ticket enthalten ist, zwar schön, aber das zusätzliche Geld, das du zahlen musst, nicht wert. Dasselbe gilt für das Tablet, welches man als Guide für die teureren Tickets erhält. Der normale Audioguide ist mehr als ausreichend. Der ursprüngliche Concierge-Raum ist auch vom normalen Eingang aus sichtbar, du durchquerst den Eingangsbereich nur schneller, aber auch das rechtfertigt in meinen Augen nicht die zusätzlichen Kosten. Alles in allem hängt es sicher von deinem Geldbeutel und Interesse ab. Wenn du Casa Battló schon immer besuchen wolltest, tu es. Wenn du aber ein begrenztes Budget hast oder einfach nicht so viel Geld ausgeben möchtest, solltest du es überspringen, da es das teuerste ist.

Sagrada Família (1882-heute; Gaudí: 1883-1926)

Eintrittspreis: ab 26 Euro

Sagrada Família

Die Basilika der Sagrada Família ist wohl Gaudís bekanntestes Werk und wird sehr oft als Postkartenmotiv verwendet. Das Projekt startete 1882 und wurde ein Jahr später in 1883 von Gaudí übernommen. Er entwarf die Basilika und arbeitete bis zu seinem Tod daran, wohl wissend, dass er die Fertigstellung der Kirche niemals sehen wird. Als Gaudí 1962 starb, war weniger als ein Viertel fertiggestellt. Bis heute arbeiten viele verschiedene Architekten an der Sagrada Família, die Fertigstellung wurde für 2026 geplant – zum 100. Todestag Gaudís. Aber aufgrund mehrerer Hindernisse wie dem spanischen Bürgerkrieg, aber auch Corona kann der Termin nicht eingehalten werden. Laut der Stiftung werden die Bauarbeiten nicht vor 2030-2040 abgeschlossen sein.

The colourful windows of Sagrada Família
Die bunten Glasfenster der Sagrada Família
Mein erster Eindruck
The facade of Sagrada Família showing the crucifixion of Jesus.
Die Fassade zeigt die Kreuzigung von Jesus

Für mich war der Besuch der Sagrada Família eines meiner Highlights meiner Barcelona-Reise. Es war faszinierend so eine riesige Basilika zu besuchen, an der seit mehreren Jahrhunderten gebaut wird und dessen Architektur sich immer noch weiter wandelt. Du solltest dir unbedingt die App mit dem Audioguide vor deinem Besuch herunterladen, da diese spannende weitere Informationen zu Gaudís Werk liefert. Er erklärt beispielsweise die zwei verschiedenen Fassaden der Basilika. Der Unterschied besteht zwischen den weichen Umrissen der Geburtsszene Jesu, von wo aus dein Besuch beginnt, und der harten, eckigen Fassade auf der anderen Seite, die die Kreuzigung darstellt. Außerdem liebe ich das Farbenspiel der Fenster, das der Kirche eine gemütliche Atmosphäre verleiht sowie die Säulen im Inneren, die einen Wald symbolisieren. Alles in allem habe ich 1,5 Stunden in der Sagrada Família verbrachte und tat mich erstaunlich schwer damit, sie wieder zu verlassen.

Lohnt es sich?
Inside of Sagrada Família

Um es kurz zu machen, ich würde ja sagen. Sagrada Família war mein Lieblingswerk von Gaudí von den vieren, die ich gesehen habe. Obwohl ich die Basilika kurz vor Ostern besuchte, fühlte sich die Kirche im Gegensatz zur Casa Batlló nie zu voll an. Natürlich waren auch diesmal viele Leute da, aber ich fand, dass es nicht zu eng war. Die Sagrada Família selbst ist wirklich groß und bietet viel Platz. Ich konnte mir diesmal wirklich die Zeit nehmen, mich in Ruhe umzusehen. Da sich die meiste Architektur an den Wänden und Fenstern über dir befindet, sind die anderen Besucher nicht wirklich im Weg, wenn du dir etwas genauer ansehen willst. Anders als bei meinen weiteren Besuchen musste ich nicht warten, um die Architektur genauer zu betrachten oder ein Foto zu machen. Die Kirche bietet auch ein angebundenes Museum, welches die Geschichte, Technik, Kunst und symbolischen Aspekte hinter der Basilika erklärt.

Sagrada Família hatte für mich ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis als Casa Vicens und Casa Batlló. Die Eintrittspreise sind immer noch sehr hoch, werden aber für die Bauarbeiten der Basilika verwendet. Wenn du Low-Budget reist, kannst du den Gottesdienst nutzen, um die Sagrada Família kostenlos zu besuchen. Aber dann solltest du natürlich die anderen Betenden respektieren, für den ganzen Gottesdienst bleiben und während dieser Zeit keine Fotos machen. Außerdem solltest du möglichst früh kommen, da die Kapazität der Kirche begrenzt ist.

Casa Vicens (1883-1885)

Eintrittspreis: 18 Euro

The facade of Casa Vicens

Casa Vicens war das erste Projekt Gaudís, welches er entworfen und gebaut hat. Es wurde 1885 fertiggestellt und diente der Familie von Manuel Vicens als Sommerhaus. Später wurde das Haus unter anderem von Joan Baptista Serra de Martínez weiter ausgebaut, dessen Erweiterung Gaudís ursprünglichem Stil folgte. Casa Vicens befindet sich in der Nachbarschaft von Gràcia. Um Gaudís Haus der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, errichtete das Museum anstelle des Originals eine moderne Treppe, um die Räume miteinander zu verbinden. Wenn du Casa Vicens besuchst, kannst  du zuerst die ersten beiden Stockwerke mit den Räumen erkunden, wie Gaudí sie ursprünglich gestaltet hatte, bevor du mehr über die verschiedenen anderen Werke im dritten Stock erfahren kannst.

The terrace of Casa Vicens
Die Terrasse von Casa Vicens
Mein erster Eindruck
The smoking room of Casa Vicens
Der Raucherraum des Casa Vicens

Das Haus selbst ist einfach nur schön mit seinen Farben und zahlreichen Ornamenten. Besonders der erste Stock machte einfach nur Spaß zu erkunden. Ich liebe die Decken, die größtenteils mit verschiedenen Blumen verziert sind. Die Terrasse und das Raucherzimmer waren meine Lieblingsräume. Der gesamte Besuch einschließlich Audioguide, Fotos machen und Ansehen eines Videos über das Haus dauerte etwa 1,5 Stunden.

Lohnt es sich?
The ceiling of the lady’s room
Die Decke des Damenzimmers

Ehrlich gesagt ist der Eintrittspreis vergleichsweise hoch. Das Haus ist zwar auch von innen schön anzusehen, aber nachdem ich ein paar Tage zuvor schon im Casa Batlló war, war dieses hier eher schlicht und weniger spektakulär. Ich bereue den Besuch überhaupt nicht, besonders der Garten, aber auch die Eingangshalle, die Terrasse, das Raucherzimmer und das Damenzimmer warteten mit schöner Architektur und vielen Details auf. Aber ehrlich gesagt, wenn du Low Budget reist oder einfach nicht so viel Zeit mitbringst, kannst du dieses wahrscheinlich auch überspringen, da es weniger ungewöhnlich ist.

Park Güell (1900-1914)

Eintrittspreis: 10 Euro

The benches of Park Güell

Eusebi Güell beauftragte Gaudí 1900 mit der Gestaltung von Park Güell. Dieser wurde 1926 offiziell als öffentlicher Park eröffnet. Er ist mehr als 17 Hektar groß und damit eine der größten Grünflächen Barcelonas. Der Park ist in zwei Bereiche unterteilt, dem Monumentalen- und dem Waldgebiet. Im Park befindet sich auch das Haus von Gaudí, in dem er von 1906 bis 1925 lebte, also bis ein Jahr vor seinem Tod. Heutzutage ist sein ehemaliges Wohnhaus ein Museum. Touristen können in Gaudís Casa persönliche Gegenstände und selbst angefertigte Möbel des Architekten sehen. Der Museumseintritt ist im Park nicht inbegriffen und muss daher separat bezahlt werden.

Mein erster Eindruck
On the benches in Park Güell
Auf den Bänken im Park Güell

Park Güell ist von den vier Werken, die ich besucht habe wahrscheinlich das, an dem ich die meiste Zeit verbracht habe. Mehr als drei Stunden bis zum Sonnenuntergang sind wir durch den großen Park gelaufen, um jeden Winkel zu entdecken. Park Güell selbst bietet einen tollen Blick über Barcelona (aber von den Hügeln hinter dem Park hat man ehrlicherweise einen noch besseren Ausblick) und jede Menge schöne Architektur wie die beiden Häuser mit Dächern, die aussehen wie aus Zuckerguss. Am bekanntesten ist wohl der Drache auf der Treppe und natürlich die mit bunten Mosaiken bedeckten Bänke.

The famous dragon of Park Güell
Der berühmte Drache vom Park Güell
Lohnt es sich?
Park Güell

Meiner Meinung nach lohnt sich der Besuch. Auch wenn vor ein paar Jahren der ganze Park und später zumindest noch ein Teil kostenlos waren. Wegen der vielen Touristen hat sich die Stadt im Oktober 2013 dazu entschieden, Geld zu verlangen. Heutzutage müssen Touristen Eintritt zahlen, wenn sie Park Güell besuchen wollen. Aber die Gebühr ist mit 10 Euro wirklich okay und wird in den Erhalt des Parks und der Architektur investiert. Es gibt keine zeitliche Begrenzung, wie lange du dich mit deinem Ticket im Park aufhalten darfst, aber du kannst ihn nicht wieder betreten, wenn du ihn einmal verlassen hast. Die Eintrittskarten solltest du schon vor deinem Besuch kaufen, da es vorkommt, dass sie besonders an Wochenenden und Feiertage schnell ausverkauft sind.

Die Tickets haben ein Zeitfenster, wobei das Personal uns sagte, dass wir nicht zu der Zeit kommen müssten, die auf unseren Tickets angegeben war, nur der richtige Tag sei wichtig (aber die offizielle Seite sagt, dass man den Park innerhalb von 30 Minuten nach der festgelegten Zeit betreten muss). Die Mitarbeiter empfahlen uns, nach 18:30 Uhr zu kommen, weil dann weniger Leute im Park sind. Allerdings war dieser Tipp im April, als die Sonne bereits gegen 20:30 Uhr unterging.

Der Park ist von 7:00 bis 22:00 Uhr geöffnet, wobei die Tickets, angepasst an die Saison, nur zwischen 9:00 und 19:30 Uhr verkauft werden. Vor und nach 20 Uhr darf der Park offiziell nur von Anwohnern besucht werden, nicht aber von Touristen. Aber Park Güell verfügt sowieso nicht über künstliche Beleuchtung und sollte daher nicht nur nachts besucht werden, da du sonst die schönen Details von Gaudís Kunst verpassen würdest. Übrigens dürfen Anwohner, die in der Nachbarschaft des Parks wohnen, diesen jederzeit während der Öffnungszeiten kostenlos besuchen. Ich finde es trotzdem sehr seltsam, dass das Recht nicht für alle Bürger*innen von Barcelona gilt.

Zu guter Letzt ist ein Tipp, die Tickets immer im Voraus zu kaufen, um sicherzustellen, dass du in jedem Fall noch reinkommst und auch um von einem schnelleren Einlass zu profitieren. Alle Sehenswürdigkeiten haben einen Sonderpreis für Studierende, aber der Unterschied ist wirklich gering. Der Besuch von Gaudís Architektur ist für die meisten Menschen wahrscheinlich eine einmalige Sache, da die Eintrittspreise sehr hoch sind daher musst du letztendlich für dich selbst entscheiden, wie viel Geld dir die Besuche wert erscheinen.

Was denkst du? Hast du Gaudís Architektur schon besucht? Schreib mir gerne in den Kommentaren, ob du meine Meinung teilst oder anderer bist.

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30 Stunden in Uruguay

Über Weltkulturerben, Klischees, Hundesitter, Nationalhelden und wirklich freundliche Menschen.

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Die Fähre nach Colonia del Sacramento

DSCN4354Bereits zu Beginn meiner Reise durch Argentinien hatte ich beschlossen, bei der Gelegenheit auch gleich einen Abstecher ins benachbarte Uruguay zu machen. Ich las bereits während meiner Recherche Zuhause von einer Fähre, welche einen von Buenos Aires nach Colonia del Sacramento bringen sollte. Also schleppte ich meinen argentinischen Freund mit ins Reisebüro und bat ihn, mit Tickets für die Überfahrt zu buchen (mit Dolmetscher gelingt das einfach besser). Die Reise startete an einem Donnerstag. Zunächst musste ich zum Check In. Es gibt eine extra Kontrolle für Uruguayer, Argentinier, Brasilianer und Paraguayer. Denn diese vier Länder haben ein spezielles Abkommen, ähnlich des Schengen Raums in der EU. Daher musste ich eine der anderen Passkontrollen über mich ergehen lassen: mit Fingerabdrücken, Kameras, aber auch einem neuen Stempel für meinen Pass. Die Fähre braucht nur eine Stunde, um den Río de la Plata von Buenos Aires nach Colonia del Sacramento zu überqueren.

Eine Stadt voller Weltkulturerbe

DSCN4443Colonia del Sacramento ist im Südwesten Uruguays direkt am Río de la Plata. Es ist eine der ältesten Städte in Uruguay und war in der Vergangenheit eine portugiesische Kolonie. Um genau zu sein wurde es sogar von den Portugiesen gegründet. Allerdings wurde es zwischendurch auch von Spanien, Brasilien und der Liga Federal regiert. Seit 1828 gehört es aber offiziell zu Uruguay. Insgesamt leben etwa 27.000 Menschen in Colonia del Sacramento. Es hat eine hübsche Altstadt mit einem historischen Viertel, welches zum UNESCO Weltkulturerbe gehört.DSCN4457 Touristenattraktionen sind der Leuchtturm und die Ruinen des Klosters (Faro y Convento de San Francisco). Während meiner Reise traf ich ziemlich viele Schulklassen. Ich bin mir nicht ganz sicher, was sie feierten, aber sie hatten auf jeden Fall eine kleine Feier auf dem Festplatz, dem Plaza Major del 25 de Mayo. Das war vielleicht auch der Grund, weshalb ich einige Männer entdeckte, welche traditionelle Uniformen  trugen. Eine weitere Attraktion der Altstadt ist das “Portón de Campo”, das ist das Stadttor und die hölzerne Zugbrücke.

Am Río de la Plata
In Colonia del Sacramento
 
 
 
Viele Straßen sind von Bäumen gesäumt. -  Da die Aufnahmen von Ende Winter/ Anfang Frühling sind, sie die Bäume noch kahl.
 
 
Das Stadttor von Colonia del Sacramento.
 
 
 
 
 
 
 

Am Stadtrand von Montevideo

Am Nachmittag nahm ich schließlich den Bus nach Montevideo. Die Busse sind wirklich sehr komfortabel und so gut wie neu. Nach etwas mehr als drei Stunden erreichte ich Uruguay. Bevor wir allerdings die Stadtgrenze passierten, sind wir durch einige Vororte von Montevideo gefahren. Die Häuser dort sind ziemlich klein, dreckig und mit Wänden, welche aussehen, als seien sie aus Wellblech geformt. Der Reiseführer empfiehlt dringend solche Orte zu meiden, da die Kriminalitätsrate dort sehr hoch sei. Ich habe mich echt etwas unwohl gefühlt, als ich die vielen armen Menschen sah. Da merkt man schon deutlich die Unterschiede zwischen diesen Vororten und der hübschen Altstadt von Colonia del Sacramento – oder natürlich auch zu meinem Heimatland Deutschland.

Alle Deutschen haben blondes Haar

Ich kam gegen späten Nachmittag/ frühen Abend in Montevideo am Zentralen Omnibusbahnhof an. Ich beschloss zu meinem Hostel zu laufen und dabei gleich etwas die Gegend und Montevideo zu erkunden. Die Uruguayer sind wirklich freundlich und haben mich auch direkt angesprochen, ob ich Hilfe bräuchte, da ich zwischendurch immer mal wieder stoppte, um einen Blick auf meine Karte zu werfen. Am Ende habe ich es aber doch alleine gefunden. Ich hatte ein Bett in einem Mehrbettzimmer gebucht. Das Hostel hieß Tibet Hostel und das war auch der Grund dafür, dass das ganze Hostel mit bunten Tüchern, Schirmen und hübschen Lampen geschmückt war. Ich mochte die Atmosphäre total gerne. Die Besitzer des Hostels erklärten mir später, dass sie ihr Hostel eben nach einer Reise nach Tibet so benannt hatten. Es klang wirklich unglaublich toll, ich würde auf jeden Fall auch mal gerne nach Tibet – leider sind die Einreisebestimmungen ja sehr streng. Wir haben dann ein bisschen Musik gehört – Ich sollte ein deutsches Musikvideo zeigen und einer der Besitzer war wirklich verwirrt, dass da auch braun- und schwarzhaarige Frauen im Video zu sehen waren. Er dachte wirklich, dass alle Deutschen blonde Haare haben. Hier brauche ich vermutlich nicht extra erwähnen, dass das nur ein Gerücht ist. Ich meine ehrlich gesagt sogar, dass ich mal gelesen hätte, dass die meisten Deutschen braune Haare haben.
Ich verbrachte die restliche Nacht in der Bar des Tibet Hostels. Ich trank einen Mohito und einen Erdbeer-Caipirinha – so lecker! Ich aß auch ein paar wirklich leckere Pommes und Chivitos (Wenn ihr mehr lesen wollt … klickt hier um den Artikel Food Porn – Pt. 1 zu lesen).

Die Buchstaben von Montevideo.
Nach meiner Ankunft in Montevideo.
 
Der Stadtteil "Tres cruces" (Drei Kreuze)
 
 
Der Blick von der kleinen Dachterrasse meines Hostels.
Spaziergang am Strand
 
 
 
 
 
 
 
Tausende von Gänsen in einem Park nähe des Zentrums von Montevideo.
 
 
 
Der Plaza Independencia in Montevideo
Die riesige Statue des uruguayischen Nationalheldens José Gervasio Artigas
Ich vor dem Palacio Salvo
Die Ciudad Vieja (Altstadt)
 
 
 
 

Ein Hundesitter mit 19 (!) Hunden

DSCN4584Am nächsten Morgen startete ich schon früh, da ich mir die Hauptstadt Uruguays endlich mal etwas näher ansehen wollte. Zunächst nahm ich den Weg runter zum Strand – Punta del Canario. Am Strand sind diese großen Buchstaben von Montevideo. Ein Taxifahrer erzählte mir später, dass die Buchstaben immer mal ausgetauscht werden würden. An diesem Tag waren sie besonders bunt. Ich lief entlang der Küste in Richtung Stadtzentrum. Es war sehr windig und etwas kalt. DSCN4585Am Strand stieß ich auf einen Mann, welcher mit Hunden spazieren lief, quasi ein Hundesitter. Aber das waren halt nicht zwei, oder auch mal drei Hunde … Nein, er hatte tatsächlich 19 Hunde an seinen Leinen. Ich habe schon vor meiner Reise nach Südamerika gelesen, dass es viele dieser Hundesitter gibt. Es scheint ein recht häufig gewählter Nebenjob in Südamerika zu sein. Ich habe auch schon einige dieser Hundesitter in Argentinien gesehen. Aber dieser Kerl mit einen 19 Hunden war auf jeden Fall ein echter Rekord für mich. Wirklich unglaublich – Zum Glück habe ich Fotos gemacht, ich glaube nämlich, wenn ich das Zuhause in Deutschland erzählt hätte, hätte jeder gedacht ich übertreibe.

Der Nationalheld Uruguays

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Ich sehe ziemlich klein vor der riesigen Statue von José Gervasio Artigas aus.

Ich bin einige Stunden gelaufen, bis ich endlich das Zentrum Montevideos erreicht hatte. Die Stadt ist die größte Uruguays. Es leben über 1,3 Millionen Menschen in Montevideo. Laut den Rankings der Mercer 2015 Quality of Living (also einer Erhebung zu qualitativem Leben in Städten) belegt Montevideo den höchsten Platz in Südamerika mit Rang 78. Die nächst höheren Plätze in Südamerika sind Buenos Aires (91) und Santiago (93). Montevideo hat über 60 Stadtbezirke. Ein Touristenmagnet ist der Plaza Independencia mit dem Palacio Salvo. In der Mitte des Platzes befindet sich eine riesige Statue von José Gervasio Artigas. Er ist der Nationalheld Uruguays und wird von manchen sogar “Vater der Unabhängigkeit Uruguays” genannt, da er damals während der Uruguayischen Revolution gegen Spanien kämpfte. Sein Leichnam ist im Artigas Mausoleum unter der Erde, um genau zu sein direkt unter seiner Statue und wird täglich von zwei Soldaten bewacht. Die Statue ist 17 Meter hoch und wiegt über 30 Tonnen. Uruguay ist seit 1828 ein unabhängiger Staat mit Montevideo als seine Hauptstadt.

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Das Tor der Altstadt

Ebenfalls auf dem Placa Independencia befindet sich auch der Palacio Salvo. Er wurde von einem italienischen Immigranten gebaut, welcher in Buenos Aires lebte, sein Name ist Mario Palanti. Der Palacio erinnert an den Palacio Barolo in Buenos Aires, welcher ebenfalls vom gleichen Architekten gebaut wurde. Eigentlich war geplant, dass das Gebäude ebenfalls einen Leuchtturm auf dem Dach haben sollte. Dieser wurde jedoch durch einen Satz Antennen ersetzt. Der Palacio Salvo wurde 1828 fertig gebaut und hat eine Höhe von 95 Metern. Leider hatte ich nicht genug Zeit, um den Palacio auch von innen anzuschauen. Hinter dem Plaza Independencia beginnt die Ciudad Vieja, die Altstadt. Sie ist voller hübscher Gebäude aus der Kolonialzeit und voller nationalem Kulturerbe.

Gastfreundliche Uruguayer retten mein Leben

Okay, vielleicht klingt die Überschrift doch etwas zu dramatisch. Aber während meiner Erkundungstour merkte ich irgendwann, dass ich gar DSCN4708nicht mehr so viel Zeit bis zur Abfahrt meiner Fähre zurück nach Buenos Aires hatte. Deswegen nahm ich ein Taxi zurück zum Hostel und packte schnell meinen letzten Kram zusammen. Es war schon ziemlich spät und ich hatte fast kein uruguayisches Geld mehr. Es war jedenfalls nicht genug um ein zweites Taxi zurück zum Hafen zu nehmen und ich war mir nicht sicher, mit welchem Bus ich wieder zurück in die Innenstadt kommen würde. Schließlich fragte ich den Elektriker, der im Hostel arbeitete, ob er mir helfen könne. Wir hatten uns schon die letzten Tage etwas miteinander unterhalten. Deswegen fragte ich ihn, ob er mir wohl helfen könne, den richtigen Bus zu finden. Leider hatten wir ein paar Kommunikationsprobleme, weil er nur sehr wenig Englisch sprach und mein Spanisch wirklich sehr, sehr schlecht ist. Am Ende schaute er schließlich kurz auf mein Fährenticket. Dann sprach er schnell mit dem Mädel des Hostels und sagte schließlich, ich solle ihm folgen. Ich dachte erst, er würde mir die Bushaltestelle zeigen, weil es vermutlich schwierig gewesen wäre, den Weg dorthin zu erklären. Aber dabei habe ich kurz vergessen, wie unglaublich hilfsbereit und gastfreundlich die Südamerikaner doch einfach sind. Er fuhr mich tatsächlich zum Hafen und brachte mich bis zum Check In. Er erlaubte mir nicht einmal ihm etwas Geld für das Parkticket zu geben, welches er ziehen musste, um mich bis vor die Tür zu bringen. Er ist wirklich unglaublich lieb und freundlich (An dieser Stelle: ¡Muchas gracias!).

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Der Sonnenuntergang am Hafen von Montevideo.

Ich erreichte immerhin 50 Minuten, bevor die Fähre ablegen sollte, den Hafen. Ich glaube ich hatte etwas Glück. Mein Freund aus Buenos Aires hatte mir gesagt, ich solle eine Stunde vorher am Hafen sein, um einzuchecken. Als ich nochmal auf das Ticket schaute, merkte ich, dass dort stand man solle zwei Stunden früher da sein (ich habe ja schon gesagt, meine Spanischkenntnisse sind ziemlich eingerostet, aber den Satz hatte sogar ich verstanden). Am Ende habe ich wohl Glück, dass die Südamerikaner es einfach nicht so genau mit der Zeit nehmen und alles deutlich relaxter angehen.